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Editorial
Kommentar
WählerInnen in der Minderheit?
Bio-Szene
Bioland NRW optimistisch
Gentechnik
Schweizer Landwirtschaft ohne Gentechnik?
Verbraucherschutz
Giftiges Kunststoff-Spielzeug
Computer
Dialog zwischen Sokrates und William H. Gates III
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Düsseldorf
Bürgerbegehren Wehrhahnlinie gescheitert
Musik
Konzert-Tip: Premiere von Jazzline
Leserbriefe
Das Letzte
Milliardengrab begraben?

Die KundInnenzeitung der Gemüsekiste

Nr. 32, Dezember 1999

Editorial

Zwei Papier-Ausgaben sind ausgefallen, damit wir eine Chance hatten, diese Homepage zu schreiben. Sie soll auch fürderhin den Rahmen (auch) für unser Käseblättchen bilden. Es soll auch weiterhin monatlich erscheinen, aber nur noch hier.

Tja, und jetzt? Nun üben wir uns in einem neuen Medium. Seeeehr gewöhnungsbedürftig, sowas: Statt zum Schluss ein Stück Papier in Händen zu halten, gibt's das Ergebnis nur noch "virtuell", auf einem Bildschirm. Dafür gibt's keine Platzprobleme mehr. Andererseits sollen die Texte angemessen kurz sein. Es gibt auch keine Termin-Probleme mehr. Eigentlich könnten wir auch eine Tageszeitung machen, wenn der Tag mehr Stunden hätte. Auch nett: Tippfehler können auch noch nach "Drucklegung" korrigiert werden. Die Ausgaben stehen eben im Netz, veränderbar und jederzeit wieder abrufbar. So verlängert sich auch die Halbwertzeit alter Ausgaben.

Für Menschen, die bis jetzt mit DTP-Programmen die Tücken der Wissenschaft "Layout" bändigen mussten, ist das erheblich einfachere "HTML" zwar eine Erleichterung, aber eine Seite gut aussehen zu lassen, bleibt trickreich. Schliesslich hängt es jetzt mehr von den Einstellungen in den Programmen der LeserInnen ab.

Wir wollen versuchen, den Charakter der "Zeitung" auch hier zu erhalten. Es soll keine täglich aktuelle News-Ecke auf der Homepage geben. Vieles bleibt also beim alten. Der Termin für den Redaktionsschluss z.B...

Viele LeserInnen, alle ohne www-Anbindung, erreichen wir nicht mehr. Schade. Herzlich willkommen allen anderen, die wir jetzt erst erreichen.

Viel haben wir inzwischen nicht verpasst. Die Nachbereitung der Kommunalwahl war so spannend nicht, aber der Ernstfall ist eingetreten. Der denkbar peinlichste Kandidat wurde Oberbürgermeister. Die Folgen sind unabsehbar.

Das Bürgerbegehren gegen die Wehrhahnlinie scheiterte trotz grösster Bemühungen aller Beteiligten.

Liegt wenigstens das Milliardenprojekt Transrapid nun in den letzten Zuckungen?

Hoffnungsvolle Grüsse
die Redaktion

 Dario rettet!

PS.: ähemm... Hier ist jetzt endlich Platz für einen späten Nachtrag. Als der Kurier die Juni-Ausgabe von der Druckerei zum Marktstand brachte, stellte die Kiste mit den Zeitungen in die Ecke neben das Leergut. Prompt wurde sie für ebensolches gehalten und säuberlich im Papier-Container entsorgt.

Nur dem heldenhaften Einsatz von Patricia (rechts) und Sohn Dario (links) ist es zu verdanken, dass die Zeitung noch die geschätzte Leserschaft erreichte. Danke!

Kommentar

WählerInnen in der Minderheit?

Am Marktstand der Gemüsekiste gab es in den Tagen vor der Stichwahl Erwin/Smeets eine Tipliste. Gefragt wurde nach den Stimmanteilen für die KandidatInnen und der Wahlbeteiligung. Letzteres entschied dann auch den Ausgang der Abstimmung. Die Nichtwähler, hätten sie in einem Anfall von Schizophrenie eine Partei gegründet und diese auch gewählt, stellten jetzt den Oberbürgermeister.

Stattdessen müssen wir nun jahrelang einen Menschen als Stadtoberhaupt ertragen, der sich in der Wahlnacht als strahlender Sieger präsentierte, obwohl seine Partei eine fünfstellige Anzahl an Stimmen verloren hatte. Er bekam ziemlich genau die 26 %, die ihm auch in Umfragen vorhergesagt wurden. Leider aber nicht 26 % der Wählerinnen, sondern der Wahlberechtigten insgesamt. Er gewann nur, weil alle anderen noch mehr verloren als er.

Statt nun, wie die anderen auch, sich Gedanken zu machen, warum zu viele DüsseldorferInnen keinen Anlass sehen, ein Stadtoberhaupt zu wählen, präsentiert dieser Mensch in überschäumender Siegeslaune seine markante Physognomie jeder Presselinse, die nicht schnell genug eingepackt wird.

Joachim Erwin und Marlies Smeets

Ausser seinen Hofberichterstattern bei der "Zeitung für Politik und christliche Kultur" kann sich kaum jemand über das Ergebnis freuen. Sein Programm ist einprägsam und platt. Sportlich, jung, dynamisch, anbiedernd präsentierte er Ideen, wie sie nicht verwirklicht werden können. Verkehrsstaus verkaufte er als Ergebnis rot-grüner Politik, als könne nur er sie abschaffen.

Den enormen Wahlkampfetat kann die CDU kaum aus eigener Kraft aufgebracht haben. Der Zusammenhang erschliesst sich erst bei genauer Betrachtung: Der Schwiegervater unseres Oberbürgermeisters nennt ein Ingenieurbüro sein eigen, dass sich gerne und ausgiebig mit U-Bahn-Planungen befasst. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Düsseldorfs grösstes Problem ist in seinen Augen der Fahrradweg auf der Luegallee, einer überteuerten Einkaufsstrasse in Oberkassel. Kaum im Amt, stand er schon mit Eimer und Pinsel auf dieser Strasse und verhalf dem Autoverkehr zu seiner zweiten Fahrspur. Dass dieser Fahrradweg auch mit Landesmitteln finanziert worden war, sagte er nicht. Es ist zu erwarten, dass das Land die Zuschüsse zurückfordern wird.

Marlies Smeets und Sandra Scheres

Kurz vor der Wahl beschloss die bei Grossprojekten allgegenwärtige rot-schwarze Koalition noch, Landesmittel für eine neue U-Bahn-Linie zu beantragen. So fiel die SPD als Alternative für die Anlieger der geplanten Strecke auch aus. Da es den Grünen gelang, sich kurz vor der Wahl durch Austausch des Spitzenkandidaten zu paralysieren, gingen zu viele Wähler lieber sonnenbadend ans Rheinufer, anstatt in die Wahlkabinen.

Ich verstehe dass, aber ich habe keine Verständnis dafür. Politik-Verdrossenheit hin, Protestwahl her. Wir müsen jetzt mit diesem Ernstfall von Oberbürgermeister leben. Wer nicht wählen ging, der hat bis zur nächsten Kommunalwahl absolut keinen Grund, über Düsseldorfer Stadtpolitik zu meckern.

Dass die sich ändern wird, war in der Wahlnacht schon spürbar. Ein junger "konservativer" Mensch brachte es fertig, im Rathaus einen homosexuellen SPD-Aktivisten als "schwule Sau" zu betiteln. Das lässt noch einiges erwarten. Auch die Tatsache, dass sich das blütenweisse Hemd dieses Menschen blitzartig altbierbraun verfärbte, hilft da kaum weiter.

Bio-Szene

Bioland NRW optimistisch

link: bioland

"Der Markt bei Bio-Produkten ist spürbar in Bewegung geraten. Auf absehbare Zeit wird das Angebot mit der steigenden Nachfrage wohl kaum Schritt halten können", so zitiert die altuelle Ausgabe der Verbandszeitung "Bioland" den NRW-Geschäftsführer Heinz Josef Thuneke. Besonders die Nachfrage nach Milch, Kartoffeln, Brot- und Futtergetreide sei gestiegen. Drei grosse Molkereien suchten neue Lieferanten. Thuneke weiter: "Sogar aus Frankreich, Belgien oder Dänemark kommen regelmäßig Anfragen, die wir aufgrund des knappen Angebots kaum befriefigen können."

Quelle: Bioland-Landesverband NRW
eMail: bioland.nrw@t-online.de

Verbraucherschutz

Giftiges Kunststoff-Spielzeug

Mit LEGO-Steinen spielende Kinder stellten BAYER-Werbeanzeigen lange als ein besonders augenfälliges Beispiel für einen selbstverständlichen und harmonischen Umgang mit Chemie heraus. Damit dürfte es vorerst vorbei sein. Nehmen die Kleinen die Plastikteile nämlich in den Mund, was sie häufig tun, können sich durch die Speichel-Einwirkung Weichmacher (Phthalate) lösen und Nieren-, Leber- und Hormonstörungen hervorrufen. Das ergab eine Studie niederländischer WissenschaftlerInnen.

1998 verhinderte der EU-Kommissionspräsident Jacques Santer ein Verbot bestimmter Weichmacher. Auch der inzwischen beurlaubte EU-Kommissar für Industriepolitik, Martin Bangemann, opponierte erfolgreich dagegen.

Die Brüsseler Obstruktionspolitik veranlasste jetzt das Bundesgesundheitsministerium zu handeln. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer ließ Weichmacher in Kinderspielzeug verbieten. BAYER liefert nicht nur Grundstoffe für die LEGO-Herstellung, sondern stellt auch die beiden Weichmacher für PVC, MESAMOLL und ULTRAMOLL, her. Desweiteren enthalten viele Kunststoffe des Konzerns wie etwa MAKROLON oder die an Molkereien gelieferte Plastik-Milchflasche den Weichmacher Bisphenol A.

Quelle: "Stichwort Bayer", Zeitschrift der Coordination gegen Bayer-Gefahren e.V., Ausgabe 3/99
eMail: co_gegen_bayer@nadeshda.gun.de

Computer

Dialog zwischen Sokrates und William H. Gates III

aufgezeichnet von Williams Schreiber Plato

William: (in eine Lektüre vertieft)

Sokrates: William, du wirkst bedrückt.

William: Es gibt keine Dankbarkeit mehr unter den Menschen.

Sokrates: Wofür sollten die Menschen dankbar sein?

William: Ich habe den PC, den Hades in der Gestalt von Big Blue erfunden hat, aus der Finsternis befreit und dem Internet die Fenster geöffnet. Dafür sollen sie mich gefälligst lieben - stattdessen werfen sie mich den Feinden der Innovation zum Fraße vor.

Sokrates: Du nennst ein hohes Gericht und eine Regierung deine Feinde?

William: So verhält es sich.

Sokrates: Dann will ich dir helfen, mein Freund. Sagt man nicht, du seist der wundersamsten Visionen fähig und ein großer Innovator?

William: (geschmeichelt) So sagt man.

Sokrates: Dann, lieber William, verrate mir den tieferen Sinn des Wortes Innovation.

William: In letzter Konsequenz, großer Sokrates, bedeutet Innovation Fortschritt. Fortschritt aber kann niemals ein Nachzügler, sondern nur ein Vorreiter schaffen. Diese Rolle gebührt dem Ersten.

Sokrates: So kann also der Nachzügler niemals der Erste sein?

William: Absolut!

Sokrates: Wie steht es dann aber um MS-DOS? Hier warst du nicht der Erste.

William: (genervt) Beim Zeus, über die Sache ist doch längst Gras gewachsen. Händler verkauften mir ein unfertiges Produkt; ich habe daraus den Marktführer entwickelt und später die grafische Oberfläche erfunden.

Sokrates: Dann warst du bei der grafischen Oberfläche der Vorreiter?

William: Genau genommen gab es da einen unbedeutenden Tüftler, der seine Computer in einer Garage entwickelt hat. Ein armseliger Dilettant.

Sokrates: Aber hast Du nicht befürchtet, daß er der Erste sein könnte?

William: (auftrumpfend) Bis ich Windows aus dem Hut gezaubert habe.

Sokrates: Aber es handelte sich bei seiner Premiere 1983 um ein ganz und gar unfertiges Produkt.

William: Die Kunden hat es nicht gestört.

Sokrates: Aber die Konkurrenten.

William: Mein Gott, Sokrates, du bist ein alter Mann und verstehst die neuen Zeiten nicht. Wir sind doch eine Firma und können ankündigen und versprechen, was wir wollen.

Sokrates: Auch beim Internet-Browser warst du nur Zweiter.

William: (ungehalten) Kruzitürken, hack doch nicht ständig auf den selben Dingen rum. Bevor der Browser kam, standen wir mit leeren Händen da. Wenn jemand aus dem Nichts etwas schafft, dann nenne ich das Innovation.

Sokrates: Eine Innovation mit einem zugekauften Produkt.

William: Mit einem Nichts, das wir innovativ erweitert und zum Internet Explorer ausgebaut haben.

Sokrates: Der Internet Explorer hatte aber einen Konkurrenten. War der nicht der Erste?

William: (trotzig) Nein, ich war der Erste. Meine Idee war, den Explorer im Betriebssystem zu verankern. Das ist eine Innovation, die lass ich mir von dir nicht klein reden.

Sokrates: Worin lag der Nutzen der Innovation?

William: (versöhnlich) Das war neu, einzigartig. Erst Windows, dann der Explorer und plötzlich ist beides ein Produkt. Genial innovativ, oder?

Sokrates: (nachdenklich) In der Tat, obgleich Du nie wirklich der Erste warst.

William: Erster oder Zweiter, wen stört das schon?

Sokrates: So lass uns sehen. Sagtest du nicht, dass nur der Vorreiter Innovationen schafft? Wenn nun aber dem Nachzügler dasselbe gelingt, ist es dann nicht so, dass er gleichzeitig ein Voreiter wäre? Wie kann es aber angehen, dass ein und dieselbe Person Nachzügler und Vorreiter zugleich ist?

William: Wie soll ich das wissen? Von deiner Wortverdreherei schwirrt mir der Kopf.

Sokrates: Guter William, auch da bist du nicht der Erste. (tritt ab)

gez. Egbert Meyer

Quelle: Vorwort der c't 24/1999, Verlag Heinz Heise GmbH & Co KG, Hannover

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Grundsätzlich hängt die Absturzgeschwindigkeit vom Luftwiderstand ab. Nicht von der Prozessorfrequenz :-)
Ingo Dehme im Mausnetz

Sie brauchen einen Computer nicht einzuschalten um festzustellen, ob Windows installiert ist. Sehen Sie einfach nach, ob die Aufschrift auf der Reset-Taste noch lesbar ist.
Anonymus, zitiert in der Nadeshda-Mailbox

Never runs a changig system. ;-)
Norbert Schmidt im Mausnetz

Ueberall, wo ich meine Fuesse draufstelle, ist Wauland - solange ich dort stehe und bis der Gestank meines Schweisses entschwindet.
Wau Holland, zitiert in der Nadeshda-Mailbox

  #!/bin/cash
  # tune-up for lusers
  cd /dev/computershop
  while true
  do "get ram"
  done

Robin S. Socha's Tip auf eine Frage eines Anfängers in de/linux/newusers

Düsseldorf

Bürgerbegehren Wehrhahnlinie gescheitert

Wie der Koordinationskreis des Bürgerbegehrens auf einer Pressekonferenz am Stichtag, dem 19. November bekannt gab, hatten bis dahin nur knapp 10.000 DüsseldorferInnen das Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützt.

Angesichts der hohen Hürden, die die Gemeindeordnung NW hier vorsieht (10% der Kommunalwahlberechtigten, nur drei Monate Zeit ab dem anzufechtenden Ratsbeschluss, Angabe aller Daten incl. Alter) wertet der Koordinationskreis dieses Ergebnis trotzdem als beachtlich. In vielen Gesprächen habe sich herausgestellt, das nur sehr wenige Menschen den Bau dieser U-Bahn-Linie unterstützten.

Die gute Arbeit des Koordinationskreises war auch an anderer Stelle aufgefallen. Georg Schumacher, Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens, Mitarbeiter der grünen Ratsfraktion und anerkannter ÖPNV-Experte, tritt zum neuen Jahr seine neue Arbeitsstelle als Pressesprecher bei der Rheinbahn an.

Samstag, den 20. November, eröffnete Oberbürgermeister Joachim Erwin den Informationsstand zur Wehrhahnlinie auf der Königsallee. Diesen Termin hatten sich die Mitglieder des Koordinationskreises ausgesucht, um die Aktenordner mit den Unterschriften dem sichtlich verblüfften Oberbürgermeister zu überreichen

Mehr Infos zum Bürgerbegehren gegen die Wehrhahnhlinie

Musik

Konzerttip: Premiere von Jazzline im ZAKK

Der a-cappella-Chor Jazz-Line präsentiert sein neues Programm: "Lebenslänglich - Die eiserne Hochzeit und keine Gnade"

Ein liebevoll-chaotisches Familienfest, auf dem all das passiert, was man so kennt, aber auch einiges, an das man nie zu denken gewagt hätte. Die kleineren und mittleren Katastrophen einer solchen Veranstaltung kennen wir alle: betrunkene Verwandte, verfeindete Schwager, die aus Versehen nebeneinander sitzen müssen, nervige Kinder und wohlerzogene Tanten. Was aber geschieht, wenn dies alles benutzt wird, um daraus einen "schönen Festbeitrag" zu machen? Schließlich soll das Jubelpaar ja einen unvergeßlichen Tag erleben! Wie schon so oft bei Jazz-Line werden bekannte Situationen von unerwarteten Seiten betrachtet und bekannte Lieder in ungewohnlichen Arrangements präsentiert. Sigrid Janzing als musikalische Leitung und Klaus Bernhard Troche als Regisseur haben mit dem Chor ein Programm erarbeitet, das handfesten Blödsinn, Romantik und Ernsthaftigkeit miteinander verbindet.

Insgesamt bietet das neue Programm von Jazz-Line ca. zwei Stunden gute Unterhaltung. Achtung, für Lachschaden übernehmen wir keine Haftung!

Premiere: Sonntag, 12.12.1999, 20.00 Uhr
Zakk, Fichtenstr. 40, Tel. 0211 - 97 300 10
Eintritt DM 20,00/15,00

Konzertkritik der Premiere von Jazzline

Leserbriefe

 Bild: Unser jüngster Leser Unser jügster Leser. Photo: Familie Paffrath

Das Letzte

Milliardengrab begraben?

In den sechzigern schien die Magnet-Schwebe-Technik noch eine faszinierende Alternative zur Bahn zu sein. Also wurde im Emsland eine Teststrecke gebaut und ein Gefährt entwickelt, von dem wir heute wissen, dass es im dichtbesiedelten Mitteleuropa als Verkehrsmittel nichts taugt. Die Nachteile überwiegen die Vorteile bei weitem:

Es mag Länder geben, in denen der Transrapid Sinn macht. Eine Strecke Riad-Dschidda in Saudi-Arabien ist z.B. vorstellbar. Aber hier?

Vor Jahren war Essen - Flughafen Düsseldorf - Flughafen Köln/Bonn im Gespräch. Dies scheiterte am vehementen Widerstand der Anwohner, und der Tatsache, dass diese Entfernung nun wirklich zu kurz für eine ordentliche Beschleunigung war.

Mit dem Argument: "Uns kauft das keiner ab, wenn wir nicht zeigen, dass es funktioniert!" wurde dann jahrelang an einer Strecke Hamburg - Berlin rumgeplant. Die Bundesbahn wurde als Betreiber mit ins Boot geholt, mit dem Ergebnis, dass die parallel verlaufende Bahntrasse bis heute, 10 Jahre nach der "Wiedervereinigung", nur im gebremsten Schaum ausgebaut wird. Die aktuelle Reisezeit entspricht der des fliegenden Holländers in den dreissiger Jahren. Es sollte eben erst gar keine Konkurrenz zum Transrapid entstehen.

Inzwischen ist auch dem letzten Entscheider bei den beteiligten Firmen klargeworden, dass dieses Projekt nicht wirtschaftlich funktionieren kann. Statt sich nun wieder lösbaren Problemen, wie dem Ausbau des Nahverkehrs oder des Güterverkehrs zuzuwenden, wird hin- und hergerechnet, um dieses Riesenspielzeug für Politiker doch noch im Sinne von Thyssen und Siemens durchzusetzen.

 Die Krönung lieferte der ehemalige Verkehrminister Franz Müntefering auf seiner Abschieds-Pressekonferenz vor seinem Abgang in die SPD-Parteizentrale: Die Strecke solle nun eingleisig gebaut werden, weil dies billiger sei. Das festgezurrte Kostenlimit des Bundes sei so einzuhalten.

Liebe Leute: Begrabt dieses Steuergrab! Wenn die Industrie eine Vorzeige-Strecke braucht, so baue sie sie dort, wo es Sinn macht. In Canada oder Brasilien, wo der Transrapid wirklich eine Alternative zum Flugzeug sein kann. Aber der Versuch, den SteuerzahlerInnen für den gleichen Preis die halbe Leistung zu verkaufen, ist das Letzte.