Irgendwann passierte dem usenetamtlich anerkannten Netzvisionaer Andreas Borutta mal wieder eine Vision, und er sonderte in dciwam bemerkenswerte Auffassungen über HTML-Tags ab. Daraus entwickelte sich eine nette Diskussion am Beispiel einer Stunde, angegeben durch eine Kirchturmuhr.
Andreas Borutta(Andreas Borutta) meinte am 16.04.2002: Zwei Stundenschläge "schließen den Bereich von 60 Minuten ein".
Nö. Der erste signalisiert den Beginn der folgenden Stunde. Der zweite auch. Gäbe es den zweiten nicht, wäre die Stunde nach Deiner Theorie nicht "eingeschlossen".
Gäbe es den zweiten nicht, wäre die Uhr kaputt.
Nein, warum? Sie hätte nur eine ungewöhnliche Konfiguration. Sie markiert eben nicht alle vollen Stunden akustisch. Die Zeit zeigt sie trotzdem richtig an. Hoffentlich.
Aber nehmen wir ruhig dieses Beispiel:
<mode ="marilyn">
Ooooh jaaa! Ich liiiiiiebe Beispiele!
</mode>
bei der kaputten Uhr wäre der Breich 60 Minuten in der Tat nicht mehr von zwei Stundenschlägen "eingeschlossen".
Nö. Ist er ja IMO sowieso nicht. Wie betippt.
Der nun folgenden Stunde fehlte die überschrift.
Ja. Von mir aus.
Die Uhr hätte eine Teil ihrer Usability verloren.
Nein. Siehe unten.
Sie bliebe benutzbar, aber weniger gut.
Definitionssache.
Die Zeit liefe trotzdem weiter, so wie dem Text keine Absätze gestohlen würden.
Richtig. Die Uhr auch. Hoffentlich.
Ziehen wir weiter an den Haaren dieses Beispiels:
Mein Leben lang lebe und leide ich in unmittelbarer Nachbarschaft von katholischen Kirchen.[1] Egal, wo ich hinziehe, immer steht einer von diesen Klötzen da rum und bimmelt mir die Ohren voll und weckt mich Sonntags zu unzivilisierten Zeiten. Du tippst hier also mit einem Fachmann.
Diese hm... "interessanten" Veranstaltungsorte haben also die aus dem Mittelalter stammende Tradition, die Zeit sowohl optisch als auch akustisch anzuzeigen (zu "markieren").
So. Das ist alles schön und gut und hat auch eine nette Parallele zu html-authoring[4]:
Element | Vorkommen | Markierung |
---|---|---|
krumme Uhrzeit | Normalfall | keine[5] |
Viertelstunde(n) | häufig | n Schläge <bimm /> |
Stunde(n) | weniger häufig | n Schläge <bamm /> |
Fliesstext | Normalfall | <p> ... </p> |
Kapitel | weniger häufig | <h1> ... </h1> |
Unterkapitel | etwas mehr | <h2> ... </h2> |
to be continued ... | <hx> ... </hx> |
Interessant ist dabei, dass die akustische Zeitmarkierung als 2-bittig angesehen werden kann. Beide Glocken kennen die Betriebszustände 0 oder 1, wobei 0 statistisch dominanter, 1 dagegen akustisch prägnanter ist. Genaugenommen könnten dadurch deutlich mehr Informationen transportiert werden als zB beim Morsealphabet (bei gleicher Bandbreite). Komisch, dass die darauf nicht gekommen sind...[6]
So. Soweit ist das alles in Ordnung und ich kann immer noch nicht erkennen, dass Stundenschläge irgendwas einschliessen.
Nun gibt es in HTML mehr Elemente und in KathML mehr Glocken und mehr akustisch zu würdigende Ereignisse. Beispielhaft seien hier genannt:
Element | Vorkommen | Markierung |
---|---|---|
Messe | undurchschaubar unregelmässig |
invalides wildes Gebimmel <boing /> <bimm /> <bamm bamm /> |
Wandlung[7] | 1 x pro Messe | <bimm /> <bimm />[8] |
LART im Einsatz | hoffentlich selten | mobile Glöckchen <bimmeldibimm /> |
LART erfolgt | hoffentlich selten | einige Schläge <bimm /> |
Die HTML-Entsprechung spare ich mir. Ihr kennt das. Bilder, Listen, Snowboarder-Spielereien, fragmichnich. Nur ist HTML intuitiver. Oder blickt irgendein Aas durch, was unter KathML da gerade wieder gebimmelt wird?
Wenn also der "Volle-Stunden-Lärm" ausfällt, ist die Uhr weder kaputt noch unbedienbar. Nein, es kann zufällig gerade Messe sein, und das Läutwerk unter Volllast übertönt die Uhr. Oder der zuständige Admin ist gerade nicht da, weil er mit den mobilen Glöckchen dem Pfarrer vorausläuft.
Ich muss stets bei einer Inhaltemenge sagen, bei welchem Inhaltselement der Startpunkt und bei welchem der Endpunkt des durch einige Worte (überschrift)zusammgefassten Bereiches liegt.
Jein. Aber nicht bei Fliesstext mit einer Überschrift. Die markiert den Beginn eines neuen Absatzes (oder Kapitels oder was auch immer) und sonst nix. Das Ende des Absatzes ist das Ende des Absatzes. Mit und ohne Markierung. Vgl. KathML: Die Messe beginnt zum Zeitpunkt <gebimmel /> + die Zeit, die die Leute brauchen, um mit flatterndem Gesangbuch zur Kirche zu laufen. Sie endet nicht beim Gebimmel zur nächsten Messe, sondern dadurch, dass die Tür aufgeht und die Leute wieder rauskommen. Aber das ist eine andere Sprache.
Das ist wie im richtigen Leben: Du definierst den Beginn eines Ereignisses. Die meisten Ereignisse sind dann zu Ende, wenn sie zu Ende sind. Das wird auch ohne weitere Markierung klar. Mach das z.B. mal mit Luftanhalten.
Ein Startpunkt und ein Endpunkt umschliessen also einen Bereich von Inhalten.
Dieses Borutta'sche Axiom sagt aber nichts über Notwendigkeit, Art und Form der Kennzeichnung von Startpunkt und Endpunkt aus.
Es gibt Konventionen, die genau sagen bis wohin eine Überschrift eine Zusammenfassung liefert: Genau bis zum Beginn der nächsten Überschrift der gleichen Ebenen.
Und wenn da keine mehr ist?
Die allgemeine Begriffsverwirrung...
Ich hoffe wir lösen sie noch auf.
Nö, bitte nicht. Nur Verwirrung macht das Leben erträglich. Ohne Verwirrung gäbe es weder Kabarett noch Bildzeitung, kein Windows und kein dciwam, weder Kirchenglocken noch Techno. Auch keine Stromausfälle und keine TCP-IP-fähigen Toaster.
Vermutlich ein Problem der Vermischung von Alltags und Fachsprache.
Hoffe passend übersetzt zu haben.
Rainer
Fussnoten:
[1] Ich muss den Begriff "klerikaler Lärmterror" unbedingt markenrechtlich schützen lassen.
[2] Ich finde den gerade nicht, weil da soviel Staub drauf liegt.
[3] Natürlich gilt x != y
[4] Du kannst machen, was Du willst, ich kriegs _immer_
wieder ontopic hin.
[5] Jedenfalls keine akustische
[6] Andererseits: Besser ist das. Sonst hätten wir heute Kathokom statt Telekom.
[7] Kind von Messe
[8] Ich weiss nicht mehr, obs zwei oder dreimal ist. Der geneigte Leser beachte die Verwechslungsgefahr mit 1/2 bzw 3/4 Stunde. Hier ist KathML eindeutig inkonsistent.
Update 2005-08-01: Zufällig fand ich in den Tiefen des Archivs den nächsten Teil der Diskussion. Der muss hier einfach mit dran:
Andreas Borutta(Andreas Borutta) meinte am 17.04.2002:
Ich finde Deine Uhr schräg.
Wieso meine? Es war Deine! ;-)
Aber schräg stimmt. Das ist in Ordnung.
Und kaputt.
Nö, wieso?
Akustische Signale sind auch Zeigeinstrumente.
Kann, muss nicht. S.u.
Der Nutzer ist Stundenschläge gewohnt, nicht Zweistundenschläge.
Wenn Du mit Gewohnheiten argumentierst, hast Du bei KathML schon verloren. Ich wäre es gerne gewohnt, auszuschlafen. KathML lässt mich nicht. Mein Leben lang nicht.
Und bitteschön: Was ist mit der Glocke der Kirche in Bouillon? Die markiert die Zeit ungefähr nach Konvention. Ich habe die Abweichungen nicht verstanden. Zusätzlich bimmelt sie eine sehr schräge Version von "Ode an die Freude" nach einer Konvention, die mit einem Zufallsgenerator gekreuzt wurde. Immerhin nicht Nachts, nicht ausserhalb der Touristensaison, nicht an Werktagen. Aber ein System ist in den Uhrzeiten nicht zu erkennen. Das muss irgendwas mit Tourismus zu tun haben. Immer, wenn ein Bus vorbeikommt. Oder so.
Oder St. Peter in Düsseldorf: Was will mir das Signal "1 Minute bimmeln" um 18:30 sagen? Die Läden machen erst um 20:00 zu und Messe ist auch keine.
Gut, daß Du kein Kirchturmuhrmacher mit dieser Einstellung bist ;-)
Warum? In dem Punkt ist KathML wie HTML: Die Autor liefert die Webseite, der Uhrmacher die Uhr. Was der User respektive der Pfarrer draus macht, ist seine Sache. Ein Pfarrer, der in seinem Stylesheet definierte: Diese Glocken schlagen Nachts und Sonntagsmorgens nicht, könnte sich meiner unendlichen Sympathie sicher sein. Steigerte er sich zum Verzicht auf die Glocken (vgl.-> Textbrowser), würde ich ihm beim Pfarrfest ein Bier ausgeben.
(Ergänzung nach Weiterlesen: Du wärest sicher ein perfekter Kirchturmuhrsaboteur ;)
"Wärest"? Ich bin einer. Gib mir eine Chance...
Welches Nutzungsziel definierst Du?
Wieder eine Parallele zu HTML: Welche Usergruppe hat welche Erwartung?
Welches Nutzungsziel haben Deiner Meinung nach viele Kirchturmuhruser?
Was weiss ich? Ich kenne keine. Ich kenne nur Betroffene. Opfer. Die Parallele zum Snowboarder-Kram ist wirklich verblüffend. Auch KathML haut den Leuten das Zeuchs ungefragt um die Ohren und Du kannst es nicht abstellen.
So weit _klingt_ es nachvollziehbar.
Logisch. Ist ja auch Text und keine Glocke.
Haben Nutzer akustischer Browser eigentlich Glocken in Betrieb? Gong's großer Durchmesser würde ich selbst vom satten Sound her vorziehen. Good vibrations bei H Elementen. Da freut man sich auf die nächste Nummer.
<gruebel>
Hm...
</gruebel>
Mit nem Vorlesegenerator und nen paar Samples müsste sich da was machen lassen...
<gong />
Es folgen die Schlagzeilen der Tagesschau!
<sound techno="wumm wumm wumm schepper quietsch" />
Das sind die coolsten Handy-Klingeltöne in diesen Universum!
<sound mampf="schmatz" voice="undeutlich" mund="voll" />
Heute beginnt die Spargelsaison im Restaurant Roter Ochs!
<sound ")(&/`"$)/
Ihre Soundkarte kann keine rmpfsktratata. Installieren Sie hier ein neues Soundsystem. Ihr Pixelschubser.
<sound mode="hollywood" vol="max" />
Wie findet ihr mein neues Layout Nr. 3186? Cyril Schermbeck
<sound mode="kaputt" quantity="drei_auf_einmal" />
Ich habe da ein Problem mit meinem Frameset...
<sound mode="human_voice" content="endlose_zahlenkolonnen" />
Hier ist die neueste Statistik! Steffi Abel
<sound mode="none" />
Nein. Björn Höhrmann
Meinst Du sowas?
Du hast ja auch mit den letzten Absätzen keine neuen Aspekte in der Geschichte zum Klingen gebracht.
Da bin ich bester Gesellschaft. Die Rechteinhaber an KathML haben seit 2000 Jahren keine neuen Aspekte in der Geschichte zum Klingen gebracht. Nur immer mehr Glocken.
Es gibt noch schlimmere Ausfälle von Kirchturmuhren, ja.
NACK. Ein Ausfall kann gar nicht schlimm sein. Der Tempel hier wurde 3 Jahre komplett saniert. Die Glocken waren aus, damit die Arbeiter nicht vom Gerüst fallen. Diese Ruhe... Seit ein paar Wochen sind die wieder zugange. Und haben kein neues Stylesheet. :-(
Aber die Qualität leidet. Massstab ist der Nutzer. Er leidet ganz ohne Überschriften.
Und genau der Vergleich hinkt: Ich leide bei KathML mit Überschriften.
Wie der Kathole vermutlich ohne Stundenschläge seiner Kirchturmuhr aus dem Tritt käme.
Zeige mir einen! Ich kenne keinen. Trotz der Sanierung hier geht es allen Katholen bestens.
Wenn der Nutzer eines Web Dokumentes gerade das Bild
einer Hochzeit in Vollauflösung anschaut, sind für ihn
ie Überschriften auch zeitweise unwichtig geworden.
Schönes Beispiel. Genau da liegt der Fehler: Wer heiratet, für den ist alles andere unwichtig. Hinterher merkt er erst, was noch wichtiger geworden ist. Beim Heiraten steht das Kleingruckte hinter einem versteckten Link.
Die Überschrift markiert, falls andere Absätze und andere untergeordnete Überschriften folgen, den Beginn eines ganzen Bereiches.
Na eben! Den Beginn! Sonst nix.
Die Konvention sagt, wo dieser Bereich endet.
Genau! Die Konvention vielleicht, aber nicht die Überschrift.
Das Beispiel der Messe hast Du ins Spiel gebracht. Die Messe hat mit Stundenschlägen nichts zu tun. Sie hat ihre eigenen Signale und Konventionen.
Ach was? Die versteht aber keiner, der nicht katholisch ist. Anhören muss er sich den Kram trotzdem. Das ist wieder vergleichbar mit Flash und Popups und so. Und auch hier hast Du Überschneidungen.
Wobei ich auch nicht besonders glücklich mit dem Beispiel der Stundenschläge bin. Minuten sind doch _etwas_ gleichartiger als Fließtextabsätze.
Ja. In KathML sind sie vor allem eins: still.
> Das ist wie im richtigen Leben: Du definierst den Beginn > eines Ereignisses. Und das Ende, wenn gewünscht.
Wenn, ja. Die Definition ist aber nicht in der Definition des Beginns impliziert.
Die Messe ist zuende, wenn Du z. B. den Fuss vor die Kirchentür setzt.
Richtig. Das weiss in KathML die Glocke nicht und in HTML die <hx> nicht.
Wie Deine Argumentation? ;-)
So ähnlich. Die begann mit meiner ersten Antwort. Aber diese Antwort "schliesst" nix ein. Sie endet mit meiner letzten Antwort. Oder mit dem Ende des Threads. Oder mit einem kippenden Byte in meinem Newsreader. Oder mit dem Abfackeln des Sicherungskastens in St. ... Ach, lassen wir das.
> Das wird auch ohne weitere Markierung > klar. Mach das zB mal mit Luftanhalten. Was hat dies mit den Konventionen zu Überschriften zu tun?
Die Erklärung: "Ich halte jetzt die Luft an!" markiert den Beginn eines Ereignisses. Aber "schliesst" nix ein. Das Ereignis endet mit lautem Japsen oder dem finalen SelfLART des Erklärenden. Wann, ist unklar (aber meistens spannend), was von beidem, ist unklar (aber relativ sicher vorhersehbar). Aber nix davon ist durch die Einleitung (oder Zusammenfassung) definiert.
Wenn es keine Notwendigkeit für einen Startpunkt gäbe, hätte man auch keinen Start und Endpunkt.
Da hast Du es doch: Start und Endpunkt schliessen etwas ein. Nicht der Startpunkt alleine. Nicht in KathML und nicht in HTML.
Man hätte darüber keine Worte zu verlieren.
Ja Pfffft... War doch Deine Idee...?!
Ich hatte nicht präzise formuliert. Ein anderer Poster hatte schon darauf hingewiesen: "oder bis zum nächsten übergeordneten Element"
Grmpf. Das ist doch dasselbe: Die nächste Überschrift markiert den Beginn des nächsten Bereiches. Und das Ende des vorgehenden. Aber auch die schliesst nix ein.
In KathML: Der Stundenschlag unterteilt die Zeit in Stunden. Er markiert das Ende der vergangenen und den Beginn einer Neuen.
Der einzige Unterschied zu HTML: Das geht immer weiter so. Leider.
Stattgegeben, vorläufig.
Gut. Dann verweise ich noch auf Einstein:
"Zeit ist das, was man an der Uhr abliest."
Von eingeschlossenen Bereichen oder Lärm hat er nix gesagt.
Gruss Rainer